hier habe ich eine Leseprobe von meiner Fantasy-Novelle "Flammentochter". Erhältlich ist es im Moment nur als ebook bei Amazon.
Flammentochter
Die Sonne warf ihre Strahlen auf das Wasser
und ließ es funkeln, als würden sich tausende Diamanten auf seinem Grund
befinden. Eine sanfte Brise wog die hohen Tannen in ihren Armen, wie eine
Mutter ihr Kind.
Aries nahm seinen Bogen ab und griff nach
einem Pfeil in seinem Köcher. Arvinja beobachtete, wie er auf die hohen Wipfel
der Tannen zielte und dann einen Zapfen aus den obersten Baumkronen herab
schoss.
„Möchtest du auch mal schießen?“ Aries hielt
ihr lächelnd den Bogen und einen Pfeil hin. Sie schüttelte den Kopf.
„Oh nein, ich kann das nicht.“
„Natürlich kannst du. Ich helfe dir.“ Aries
nickte aufmunternd und reichte ihr den Bogen.
„Na gut.“ Achselzuckend nahm sie den Bogen in
die Hand. Aries stellte sich hinter sie und zeigte ihr, wie man den Bogen
hielt.
„Siehst du? Ganz locker halten.“ Er nahm ihre
Hand und legte ihre Finger sanft um das warme Holz des Bogens. Arvinja nahm die
Hitze wahr, die sein muskulöse Körper ausstrahlte und spürte Aries‘ Atem in
ihrem Nacken. Ihre Kehle war trocken, das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Er hob
den Bogen etwas an und sie blickte auf seine Hand, die über ihrer lag. Stark
und warm.
„Und jetzt, der Pfeil.“ Seine Stimme hörte
sich brüchig an, sie bildete sich ein, ein leichtes Zittern seiner Hand zu
bemerken.
„Ganz locker zwischen Zeige- und Mittelfinger
halten. Nicht die Sehne umklammern“, wisperte er. Arvinjas Nackenhaare stellten
sich auf. „Und nun den Bogen spannen.“ Sanft zog er ihren Ellbogen zurück.
„Fixiere dein Ziel genau. Es gibt nichts anderes … nur dich und diesen
Tannenzapfen dort oben. Genau den musst du treffen.“
Arvinja kniff ein Auge zu und versuchte sich
auf ihr Ziel zu konzentrieren, doch Aries' Nähe brachte sie zu sehr aus dem
Konzept. Er besaß alles, was sie sich je von einem Mann erträumt hatte: Er war schön,
stark, mutig und hatte Humor. Einziges Problem: Er war kein Mensch.
Arvinja seufzte gedankenverloren auf. Im
nächsten Moment sauste der Pfeil surrend durch die Luft, verfehlte sein Ziel
und bohrte sich am anderen Ufer in die Erde.
„Ups“, stieß sie hervor. „Ich bin wirklich
kein begnadeter Schütze.“
„Für eine Feuerhexe war das aber nicht
schlecht.“ Aries lachte und reichte Arvinja einen neuen Pfeil aus dem Köcher.
Der fünfte Pfeil bohrte sich schließlich in den Stamm der anvisierten Tanne.
„Jaaaah! Siehst du? Beim nächsten Mal triffst
du auch den Zapfen, Arvinja.“ Aries war sichtlich stolz und strahlte sie an.
Das Türkis seiner Augen war so intensiv, dass ihr schwindelig wurde. In seinem
Blick lag eindeutig Zuneigung … mehr noch … Gefühle, Leidenschaft. Arvinjas
Herz raste. Sie sah rasch zur Seite und schluckte hart.
„Ich … ich muss gehen, Aries. Es ist schon
spät.“
Als er sie kurze Zeit später in der Nähe des
Waldrandes von seinem Rücken hob, zog er sie plötzlich nach vorne an seine
Brust und drückte sie an sich. Arvinjas Beine baumelten in der Luft, mit einem
überraschten Laut umklammerte sie seinen Hals.
„Ich bin froh, dass du da bist, Arvinja. Mir
ist, als hätte ich schon mein Leben lang auf dich gewartet.“ Sein Atem streifte
ihr Ohr. Arvinja musste ein Stöhnen unterdrücken, als wohlige Schauer über
ihren Rücken liefen. „Nachdem ich dich damals vor diesem widerwärtigen Kerl
gerettet und aus dem Fluss gezogen habe, bin ich manchmal nachts ins Dorf geschlichen,
um zu sehen, wie es dir geht. In deinem Zimmer brannte Licht und ich habe mich
danach gesehnt, bei dir zu sein. Ich vermisste ich dich mit jedem Herzschlag
mehr. Wenn du jetzt gehst, kann ich es kaum erwarten, bis wir uns wieder sehen.“
Arvinja keuchte auf und legte den Kopf
zurück, um Aries anzusehen. Keine gute Idee. Sein Gesicht war so nah, dass sich
ihre Nasenspitzen beinahe berührten und in seinen türkisfarbenen Augen brannte
ein leidenschaftliches Feuer. Er würde sie küssen … oh Gott, er würde sie
gleich küssen!
„Ich … ich“, begann sie stotternd. „Mir geht
es ebenso, Aries. Aber …“
Im nächsten Moment lagen seine Lippen auf
ihren und Arvinja vergaß, was sie sagen wollte, wo und wer sie war und wohin
sie wollte. Sein Kuss war das Berauschendste, was sie je erlebt hatte. Ihre
Arme schlangen sich fester um ihn, als Aries den Kuss vertiefte und verzückt
seufzte. Sie öffnete den Mund, als seine Zunge um Einlass bat, und erwiderte
das leidenschaftliche Spiel. Sie schmolz in Aries starken Armen und hoffte, der
Augenblick würde durch nichts zerstört. Doch die Vernunft machte ihr einen
Strich durch die Rechnung. Was tat sie hier nur? Sie küsste einen Zentauren!
Außer Atem löste sie den Kuss und stemmte
ihre Fäuste gegen seine massigen Schultern.
„Aries, nein! Lass mich runter, das dürfen
wir nicht!“
Er blickte sie bestürzt an und schüttelte den
Kopf.
„Verzeih, Arvinja … ich …“ Er ließ sie
behutsam sinken, hielt sie jedoch fest, als sie schwankte. Arvinja zitterte am
ganzen Leib. Sie wusste nicht was sie fühlen sollte, ihre Emotionen tobten wie
ein Orkan. Das Feuer loderte in ihr, sie wollte ihn wieder küssen, doch
zugleich wollte sie auf der Stelle fortlaufen. „Ich weiß nicht, was in mich
gefahren ist. Das hätte ich nicht tun sollen.“ Aries wirkte sichtlich
erschüttert. Arvinjas Handflächen kribbelten … das Feuer in ihr meldete sich
unaufhaltsam. Sie ließ rasch seine Arme los und wich zurück.
„Nicht …“, krächzte sie leise. „Ich muss
jetzt gehen.“ Arvinja ging einige Schritte rückwärts und wandte sich um, doch
Aries rief ihr nach.
„Arvinja!“
Sie blickte zurück und es zerbrach ihr fast
das Herz, ihn so stehen lassen zu müssen. Trotz seiner eindrucksvollen Statur
und seiner starken Ausstrahlung wirkte er plötzlich verloren und zerbrechlich.
„Ich …“ Er hob die Hand ließ sie jedoch
wieder sinken.
„Ja?“ Arvinjas Herz hämmerte in heftigem
Stakkato. Aries schien mit sich zu ringen; sie hatte das Gefühl, er wollte ihr
etwas Wichtiges mitteilen.
„Sehen wir uns wieder?“, fragte er
schließlich unsicher. Angst stand in seine Augen geschrieben. Arvinja überlegte
einen Moment, was sie antworten sollte, doch es gab ohnehin nur eine Antwort
für sie. Ganz egal, wie die Folgen wären. „Natürlich, Aries“, erwiderte sie
lächelnd. „Samstagmorgen. Versprochen.“